Novellierung des Tierschutzgesetzes
bringt viele Verbesserungen


Mit der Novellierung des Tierschutzgesetzes kommt Deutschland zum einen seiner Verpflichtung zur nationalen Umsetzung des EG-Rechts nach, vor allem aber schaffen die erweiterten, klaren und konkreten Vorschriften sowie vereinfachte administrative Regelungen die Basis für einen wirksameren und noch fortschrittlicheren Tierschutz.

Der Verabschiedung der Novelle, die auf eine Initiative von Bundesminister Jochen Borchert zurückgeht, waren langjährige, intensive Beratungen in Bundestag und Bundesrat vorangegangen. Das neue Tierschutzgesetz trägt dem wachsenden Tierschutzbewußtsein Rechnung und ist ein großer Fortschritt für den Tierschutz.


Kenntnisse und Fähigkeiten beim Umgang mit Tieren verlangt

In der Gesetzesnovelle wurde die sog. Tierhalternorm (§ 2) erweitert; bisher schrieb sie nur vor, wie ein Tier zu halten, zu pflegen und unterzubringen ist. In Zukunft muß der Halter auch über die dafür erforderlichen Kenntnisse verfügen und dies gegebenenfalls nachweisen können. Diese Forderung zieht sich wie ein roter Faden durch die Bestimmungen des novellierten Gesetzes.


Bestimmte Tätigkeiten nur noch mit behördlicher Erlaubnis

Personen, die gewerbsmäßig Tiertransporte durchführen, müssen, sobald die entsprechenden Durchführungsverordnungen erlassen sind, eine Erlaubnis der zuständigen Behörde besitzen. Dasselbe gilt für diejenigen, die Tiere im Verlaufe eines Transports in einer Einrichtung oder einem Betrieb ernähren, pflegen oder unterbringen.

Eine ausdrückliche behördliche Erlaubnis braucht in Zukunft auch derjenige, der Tiere in einer Einrichtung hält, in der diese zur Schau gestellt werden (z. B. in Zoos), oder der für Dritte Hunde zu Schutzzwecken ausbildet oder hierfür Einrichtungen unterhält. Dasselbe gilt für Personen, die gewerbsmäßig Wirbeltiere (ausgenommen landwirtschaftliche Nutztiere) züchten oder halten, die mit Wirbeltieren handeln, einen Reit- oder Fahrbetrieb unterhalten, Tiere zur Schau stellen oder für solche Zwecke zur Verfügung stellen wollen.

Diese Erlaubnis (§ 11) darf nur erteilt werden, wenn die für die Tätigkeit verantwortliche Person auf Grund ihrer Ausbildung oder ihres bisherigen beruflichen oder sonstigen Umgangs mit Tieren die für die Tätigkeit erforderlichen fachlichen Kenntnisse und Fähigkeiten hat. Den Nachweis muß sie auf Verlangen in einem Fachgespräch bei der zuständigen Behörde erbringen. Darüber hinaus muß sie die erforderliche Zuverlässigkeit haben. Die für die Tierhaltung vorgesehenen Räume und Einrichtungen müssen eine artgemäße Ernährung, Pflege und Unterbringung der Tiere ermöglichen und den Anforderungen des § 2 entsprechen. Die behördliche Erlaubnis kann, soweit es zum Schutz der Tiere erforderlich ist, befristet und unter bestimmten Auflagen erteilt werden.


Sachkundenachweis für andere Bereiche erforderlich

Wer gewerbsmäßig mit Wirbeltieren handelt, hat sicherzustellen, daß die für ihn im Verkauf tätigen Personen ihm gegenüber vor Aufnahme dieser Tätigkeit ihre Sachkunde nachweisen. Die Sachkunde kann durch Ausbildung, beruflichen oder sonstigen Umgang mit Tieren oder entsprechende Unterrichtung erlangt worden sein (eine behördliche Erlaubnis zur Ausübung der Tätigkeit ist hier nicht erforderlich).

Auch Personen, die berufs- oder gewerbsmäßig regelmäßig Wirbeltiere betäuben oder töten, müssen künftig gegenüber der zuständigen Behörde einen Sachkundenachweis erbringen (§ 4 Abs. 1 a).
Für die Erwerbsfischerei gilt diese Regelung entsprechend. Bestimmte abgeschlossene Berufsausbildungen (z. B. als Metzger, Tier- oder Fischwirt) können unmittelbar als Sachkundenachweis gelten. Darüber hinaus kann die Sachkunde auch durch eine erfolgreich abgelegte Prüfung nachgewiesen werden.


Verbotsliste erweitert

Um unsere Tiere besser vor vermeidbaren Schmerzen und Leiden zu schützen, wurde eine Reihe schmerzhafter Praktiken verboten. So ist es künftig untersagt,


Auch für Eingriffe an Tieren strengere Maßstäbe

Strengere Maßstäbe gelten künftig auch für Eingriffe an Tieren (§ 5). An einem Wirbeltier dürfen Eingriffe, die mit Schmerzen verbunden sind, grundsätzlich nicht ohne Betäubung vorgenommen werden. Die Betäubung von warmblütigen Wirbeltieren sowie von Amphibien und Reptilien muß von einem Tierarzt vorgenommen werden (für die Verwendung von Betäubungspatronen kann die zuständige Behörde Ausnahmen zulassen, sofern ein berechtigter Grund nachgewiesen wird).

Eine Betäubung ist allerdings in bestimmten Fällen nicht zweckmäßig oder möglich. Deshalb gibt es vom Grundsatz der Betäubungspflicht eine Reihe von Ausnahmen (§ 5 Abs. 2 und 3), z. B.

In diesen Fällen sind jedoch alle Möglichkeiten auszuschöpfen, um die Schmerzen oder Leiden der Tiere zu vermindern.


Amputationen und Qualzüchtungen grundsätzlich verboten

Das vollständige oder teilweise Amputieren von Körperteilen ist grundsätzlich ebenso verboten wie das vollständige oder teilweise Entnehmen oder Zerstören von Organen oder Geweben eines Wirbeltieres (§ 6). Das Verbot gilt jedoch nicht, wenn

Die in den ersten beiden Punkten genannten Eingriffe müssen durch einen Tierarzt, die übrigen Eingriffe dürfen auch durch eine andere Person vorgenommen werden, die die dazu notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten hat.

Auch für die sog. Qualzüchtungen gibt es eine neue Regelung (§ 11 b). Danach werden bei Wirbeltieren züchterische Maßnahmen einschließlich der Anwendung bio- oder gentechnischer Methoden verboten, wenn damit gerechnet werden muß, daß - erblich bedingt - Körperteile oder Organe für den artgemäßen Gebrauch fehlen, untauglich oder umgestaltet sind und hierdurch Schmerzen, Leiden oder Schäden auftreten. Dieses Verbot gilt ausdrücklich auch für erblich bedingte Verhaltensstörungen und Aggressionssteigerungen, wenn damit gerechnet werden muß, daß diese zu Schmerzen, Leiden oder Schäden bei den Nachkommen führen.


Auch bei Ein- und Ausfuhr wird auf tierschutzgerechte Haltung geachtet

Die Verbringungs-, Verkehrs- und Haltungsverbote (§ 12) wurden ebenfalls neu gefaßt. So dürfen - sobald die notwendigen Durchführungsverordnungen erlassen sind - Wirbeltiere, an denen Schäden feststellbar sind, die offensichtlich durch tierschutzwidrige Handlungen verursacht worden sind, nicht gehalten oder ausgestellt werden. Darüber hinaus kann künftig unter bestimmten Voraussetzungen u.a.


Regelungen für die Landwirtschaft

Das novellierte Tierschutzgesetz enthält eine Reihe von Regelungen, die die landwirtschaftlichen Tierhalter direkt betreffen. So gelten z. B. nur solche Landwirte, die eine einschlägige abgeschlossene Berufsausbildung (z. B. als Metzger) haben, beim Betäuben und Schlachten von Tieren als sachkundig. Haben sie diese Ausbildung nicht, müssen sie den erfolgreichen Besuch eines Fachseminars nachweisen, wenn sie beispielsweise für die Direktvermarktung oder für andere regelmäßig Tiere schlachten. Das Merzen von Kümmerern oder die Nottötung landwirtschaftlicher Nutztiere im eigenen Bestand machen keinen behördlichen Sachkundenachweis erforderlich.

Vom Grundsatz der Betäubungspflicht gibt es für die Landwirtschaft eine Reihe von Ausnahmen, so z. B.

Um im Bereich der Landwirtschaft eine tiergerechte Haltung sowie einen tierschutzgerechten Umgang zu gewährleisten, sind für Aufstallungssysteme, Stalleinrichtungen und auch für Gerätschaften zur Betäubung von Tieren im Rahmen der Schlachtung freiwillige Prüfverfahren vorgesehen. Diese freiwilligen Verfahren haben sich grundsätzlich bewährt, müssen aber im Sinne des Tierschutzes weiterentwickelt werden.

Deshalb sollen in einer Rechtsverordnung insbesondere Kriterien, Verfahren und Umfang der freiwilligen Prüfverfahren sowie Anforderungen an die Sachkunde der im Rahmen derartiger Prüfverfahren tätiger Gutachter festgelegt werden.


Noch nicht befriedigend geregelt: die Käfighaltung von Legehennen

Mit der Tierschutznovelle wurde in Deutschland ein weiterer wichtiger Schritt auf dem Weg zu einem umfassenden Tierschutz zurückgelegt. Es gilt jetzt, die erforderlichen Rechtsverordnungen zügig zu erarbeiten und zu verabschieden. Noch nicht befriedigend geregelt werden konnte die Käfighaltung von Legehennen. Dieser Bereich muß auf europäischer Ebene gelöst werden.

Die Bundesregierung begrüßt in diesem Zusammenhang, daß die EU-Kommission endlich ihren Bericht über den Tierschutz bei der Legehennenhaltung sowie einen Vorschlag zur Weiterentwicklung der geltenden Legehennenrichtlinie vorgelegt hat. Der Vorschlag geht in die richtige Richtung. Die Bundesregierung tritt dabei in Übereinstimmung mit Bundestag und Bundesrat nachdrücklich dafür ein, daß die Verhaltensbedürfnisse der Tiere stärker berücksichtigt werden.


Auch bei der wissenschaftlichen Verwendung von Tieren wichtige Neuregelungen

Der Bereich Forschung und Lehre wurde bei der Novellierung des Tierschutzgesetzes 1986 sehr detailliert und streng geregelt. So ist beispielsweise die Durchführung eines Tierversuchs grundsätzlich nur mit einer behördlichen Genehmigung zulässig, deren Erteilung ausführliche schriftliche Darlegungen des Antragstellers zu allen relevanten Sachverhalten voraussetzt. Tierversuche, die gesetzlich vorgeschrieben sind, bedürfen der vorherigen Anzeige. Die zuständige Behörde muß prüfen, ob alle Bestimmungen eingehalten sind.

Daher mußte in diesem Bereich aufgrund der gewonnenen Erfahrungen sehr sorgfältig abgewogen werden, wo einerseits im Sinne eines verbesserten Tierschutzes weitere Reglementierungen erforderlich sind und wo andererseits der berechtigten Forderung nach administrativen Erleichterungen Rechnung zu tragen ist. Im Interesse des Menschen muß gewährleistet sein, daß die Qualität von Wissenschaft und Lehre (einschließlich ihrer internationalen Wettbewerbsfähigkeit), das Niveau der medizinischen Versorgung sowie des Arbeits- und Umweltschutzes erhalten und fortentwickelt werden können.

Das novellierte Gesetz enthält daher für den Bereich der wissenschaftlichen Verwendung von Tieren nicht nur Verschärfungen, sondern auch Erleichterungen. Neu aufgenommene Regelungen dienen vorrangig dem Ziel, bewährte Schutzbestimmungen, die bisher nur für Tierversuche im engeren Sinn galten, auf weitere Bereiche der wissenschaftlichen Verwendung von Tieren auszudehnen.



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